Bei den Mauereidechsen am Stenzelberg (Siebengebirge)

Bis 1931 wurde am Stenzelberg das vulkanische Gestein Latit abgebaut. Die Steinbrüche sind uralt, verwendet wurde das Material in erster Linie zum Bau des nahegelegenen Klosters Heisterbach, dessen Grundsteinlegung bereits im Jahre 1202 stattfand. Von da an wurde am Stenzelberg Latit abgebaut. Das typische Gestein, ein heller Vulkanit mit häufigen schwarzen, glänzenden Hornblende-Kristallen, finden wir allerdings auch am Kölner Dom wie auch an zahlreichen Häusern in der Altstadt von Königswinter. Nachdem der Abbau dort eingestellt wurde, dienten die Felswände unter anderem als Kletterfelsen für den Alpenverein. Die Bedeutung dieses Habitats für die Mauereidechsen, aber auch für dort brütende Vögel und zahlreiche Pflanzen führte letztendlich zum Verbot des Klettersports, heute ist jedes betreten des Stenzelberges außerhalb des abgezäunten Weges zum Wohle der Tier- und Pflanzenwelt verboten.

Mauereidechsen habe es gerne trocken und warm und lieben vollbesonnte Felsen und wie auch auch Weinbergmauern. Weinbergmauser sind meist Trockenmauern, sie bieten zahllose Ritzen und Spalten, in denen sich Mauereidechsen verstecken können. Der Name verrät es schon: die Mauereidechse liebt Mauern. Aber noch besser ist natürlich ein Steinbruchsbebiet mit großen Felswänden voller Spalten und davorliegenden Schutthalden, in denen die Eidechsen einerseits überall Verstecke finden können, andererseits aber auch auf den warmen Steinen in der Sonne sitzen können. Der Stenzelberg bietet ideale Lebensbedingungen für Mauereidechsen und stellt für sie  eines der wichtigsten Biotope im Rheinland dar.

Weitere Populationen von Mauereidechsen gibt es am Kuckstein, an zwei Mauern bei Oberkassel, in den Weinbergen am Fuße des Drachenfels, in den Freistellungsflächen der Wolkenburg und in den Mauern unterhalb des Ulanenturms.

Im Rahmen des Naturschutzprojektes Chance 7 des Rhein-Sieg-Kreises wurden im Jahre 2021 weitere Biotope für die Mauereidechsen geschaffen. So wurden unterhalb der Schaffhausenkanzel bei Bad Honnef zwei Trockenmauern aus Grauwacke mit einer Gesamtlänge von über 65 Metern angelegt. Dort am Korfer Berg wurde einst Wein angebaut, nachdem die Reblaus aber die Weinstöcke vernichtet hatte, verfielen die Mauern. Chance 7 möchte vor allem die einzelnen Biotope der Mauereidechse verbinden und dazu einen Offenlandkorridor von der Rabenley am Ennert bis hin zum Menzenberg bei Bad Honnef schaffen. Dies schafft auf sogenannte Trittsteinbiotope, d.h., die Tiere können sind von einem Biotop zum andern bewegen und umsiedeln. Zu kleine Inselbiotope sind oftmals nicht überlebensfähig, ein genetischer Austausch der einzelnen Gruppen kann auch nicht stattfinden.

Allerdings, die Natur darf hier nicht sich selber überlassen werden. Es ist Naturschutz in Kulturräumen, die Natur selber würde diese Lebensräume nicht überleben lassen. Steinbrüche und Weinbergsmauern sind Kulturräume, die der Mensch geschaffen hat. Ohne den Menschen und seine Tätigkeiten gäbe es diese Landschaftsteile überhaupt nicht. Überläßt man diese Räume ganz alleine der Natur, so sind sie bald verschwunden, Mauern fallen ein oder werden überwuchert, Hänge verbuschen in kurzer Zeit, bald wachsen Bäume und die vormals trockenwarmen Lebensräume liegen im Schatten. Ein Blick auf die alten Steinbrüche oben auf der Wolkenburg, am Himmerich oder am Mittelberg zeigen das. Der Mensch schafft wie auch in anderen Bereichen neue Lebensräume: Heidelandschaften wie Wahner Heide oder Lüneburger Heide, Almwiesen mit scheinbar endlosen Blumenteppichen oder auch die Steinbruchshänge im Weilberg. Natur wird erst einmal zerstört, dann sich selbst überlassen, die Natur holt sich diesen einstigen Kulturraum zurück und dann ist der Mensch gefordert, diesen Raum zu erhalten.

Deshalb finden im Siebengebirge regelmäßig Freistellungsaktionen statt, so wurden der Hang und der ehemalige große Steinbruch an der Südseite der Wolkenburg entbuscht und auch der Stenzelberg muss immer wieder freigeschnitten werden, damit diese Felsen in jetzigen Zustand erhalten bleiben. Ziegen und Schafe leisten ebenfalls wichtige Aufgaben, diese Landschaften müssen beweidet werden, damit junge Triebe verbissen werden.

Die Mauereidechse (Podarcis muralis) kann über 20 cm lang werden, ihr Körper wirkt in der Mitte oftmals abgeflacht. Der Körper der Mauereidechse wird maximal 7,5 cm lang, ihr Schwanz kann das doppelte der Körperlänge erreichen. Der Rücken ist hell- bis dunkelbraun gefärbt, kann auch schon mal grünlich werden, schwarze Flecken auf dem Rücken ergeben immer wieder unterschiedliche Muster. Von Mai bis Juli legen die Weibchen Eier, ihre Gelege im Erdboden oder zwischen Steinen bestehen meist aus 2-12 Eiern. In warmen Regionen können die Weibchen 2-3 mal im Jahr Eier legen, in kühlen Regionen tun sie dies nur einmal. Da Mauerechsen tagaktiv sind, können wir sie gut beabachten. Mauereidechsen sind neugierig. So schnell sie auch verschwunden sind, so rasch schauen sie wieder aus ihren verstecken hervor und prüfen, ob die Luft wieder rein ist. Da die Tierchen wechselwarme Tiere sind, ist ihre Körpertemperatur in hohem Maße von der Umgebungstemperatur abhängig. Sie regeln deshalb ihre Körpertemperatur, indem sie gezielt Sonnenplätze aufsuchen oder sich auch einmal in den Schatten zurück ziehen.  So richtig flink sind sie unterwegs, wenn der Körper schön warm ist, in dem Morgenstunden ist das noch nicht der Fall, da sind sie noch nicht so schnell unterwegs und deshalb besser zu beobachten.

Der natürliche Verbreitungsraum der Mauereidechse in etlichen Unterarten ist vor allem ganz Frankreich, Nordspanien, nahezu ganz Italien, der Alpenraum, der Balkan, Griechenland und die nördliche Türkei. In Deutschland ist sie auf Baden-Württemberg und das Rheintal beschränkt. Bundesweit sind allerdings über 100 Populationen bekannt, an die Mauereidechsen eingeschleppt wurden und sich dort weiter ausbreiten, weil sie gute Lebensbedingungen finden, die durch Klimawandel weiter begünstigt werden. So sind auch die Bonner Eidechsen und die des Siebengebirges auf irgendeine Weise durch den Menschen hier her gebracht worden. Orginell erscheint es, dass eines der größten Mauereidechsenbiotope der Züricher Hauptbahnhof ist, in einem stillgelegten Gleisfeld zwischen Hauptbahnhof und Altstetten soll die grösste Population nördlich der Alpen leben. Circa 5000 Eidechsen leben hier wohl. Die Züricher Mauereidechsen sind wohl als blinde Passagiere mit dem Zug über die Alpen gekommen.

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