Das letzte Wochenende im Dezember war wieder so ein Wochenende. Die Temperaturen waren knapp unter den Gefrierpunkt gesunken, die Luft war klar, den Himmel blau und im Rheintal und in den Tälern der Mittelgebirge hielt sich der Morgennebel. Die Landschaft war weiträumig durch Raureif wie gezuckert und an vielen Stellen im Wald hingen kleine Büschel faserigen Eises an abgestorbenen Ästen. Diese Wetterlage hatte sich angekündigt und so hatte ich mit Freunden schon am Tag zuvor für diesen Morgen eine Tour ins Siebengebirge geplant, um hoffentlich Haareis sehen zu können. Haareis ist ein seltenes Phänomen im Wald. Es wächst nur an bestimmten Tagen, es wächst im Wald auf feuchtem Totholz, es darf auch nicht zu kalt sein, aber natürlich muss der Gefrierpunkt unterschritten sein. Manche Forscher vermuteten, ein Pilz spiele bei der Haareisentstehung eine Rolle, was aber lange umstritten war. Heute aber weiß man, dass ein holzzersetzender Pilz namens Exidiopsis effusa durch seinen Stoffwechsel dafür sorgt, dass das im Holz enthaltene Wasser nicht zu einem Klumpen, sondern zu feinen Fäden gefriert. Man könnte sagen, wir sehen den Atem des Pilzes 🙂
Bei Facebook habe ich später dann Haareisfotos aus den verschiedensten Regionen gesehen: aus der Eifel, der Wahner Heide, dem Westerwald und dem Wiehengebirge. Es war eben echtes Haareiswetter.
Haareis ist wunderschön und ich habe dann ein paar Stunden im Wald gesessen und Haareis beobachtet und fotografiert, bis dann doch die Sonne durchbrach und diese filigrane Schönheit in sich zusammen schmelzen ließ.
Interessant am Haareis ist es, dass es nicht aus der Luftfeuchtigkeit entsteht, wie bspw. Raureif, der glitzernd Wiesen und Bäume bedeckt. Haareis, auch Eiswolle oder Eishaar genannt, entsteht aus dem Wasser, das im Holz enthalten ist.
Wissenschaftlich ist die Entstehung des nur selten zu beobachtenden Haareises noch wenig erforscht. 1918 beschrieb der Meteorologe Alfred Wegener Haareis auf nassem Totholz.Er vermutete einen „schimmelartigen Pilz“ als Auslöser, was jedoch von anderen Wissenschaftlern angezweifelt wurde, die rein physikalische Prozesse wie bei der Entstehung von Kammeis als Ursache annahmen.
Eine biophysikalische Studie von Gerhart Wagner und Christian Mätzler bestätigte 2008 Wegeners Vermutung weitgehend.Demnach wird Haareis durch das Myzel winteraktiver Pilze (u. a. Schlauch- und Ständerpilze) ausgelöst, deren aerober Stoffwechsel (Dissimilation) Gase produziert, die das im Holz vorhandene leicht unterkühlte Wasser an die Oberfläche verdrängen. Dort gefriert es und wird durch nachdrängende, beim Austritt aus dem Holz ebenfalls gefrierende Flüssigkeit weitergeschoben. Dies geschieht ausschließlich bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt, wenn das Wasser im Holz noch nicht gefroren ist, es an der geringfügig kälteren Umgebungsluft jedoch gefriert. Eine Randbedingung für die Haareisbildung ist außerdem hohe Luftfeuchtigkeit: Wenn die Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt ist, sublimieren die feinen Eiskristalle kurz nach ihrer Bildung an der Holzoberfläche, so dass keine langen Haareiskristalle entstehen können. Eine Reproduktion von Haareis ist in Versuchen solange möglich, wie das Pilzmyzel im Holzkörper nicht abgetötet wird. (aus Wikipedia)